Leseprobe aus "Mr. Harper und seine Jungs" (1997)
"Broken windows, broken lives"
Mr. Harper, was würden Sie tun, wenn Sie in einen Raum kämen, in dem gerade zwei Jungen in eine brutale Schlägerei verwickelt sind, während alle anderen im Kreis stehen und sie anfeuern?"
Ah!" sagte ich bedeutungsvoll, als hätte ich begierig auf just so eine Frage gewartet. Nun, lassen Sie mich sehen ..."
Würden Sie sofort dazwischengehen?"
Etwas in der Stimme der birnenförmigen kleinen Hausverwalterin warnte mich, dass ich, soweit es sie anging, schlecht beraten wäre, falls ich mich dafür entschied, sofort dazwischenzugehen.
Nun, nein ... nicht sofort, aber..."
Sie meinen, Sie würden abwarten, bis die sich gegenseitig umgebracht haben, ja?" Der stellvertretende Schulleiter, Mr. Ashton, ein grauköpfiger Mann, der sehr praktisch zu denken schien, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah mich an, als wäre ich ein verstopfter Abfluss. Irgend etwas verriet mir, dass dies bei weitem nicht das erste Mal war, dass die Hausverwalterin und der Stellvertreter über dieses Thema die Klingen kreuzten. Bei wem von beiden sollte ich mich einschmeicheln? Oder sollte ich den beeindruckend unabhängigen Denker markieren?
Nein, natürlich würde ich nicht zulassen, dass die beiden sich umbringen", kicherte ich höflich als Antwort auf den bewusst absurden Einwurf. Nein, was ich tun würde, ist folgendes..."
,Würde es nicht zu einem großen Teil davon abhängen, wer die Beteiligten sind und was für sie als Individuen das Beste wäre?" Die Hausverwalterin nickte aufmunternd und rutschte beinahe von ihrer Stuhlkante in ihrem ernstlichen Wunsch, mich zu ihrer Denkweise zu bekehren. Es war ein Strohhalm. Ich griff danach.
Nun, natürlich", sagte ich, ja, natürlich würde es davon abhängen."
Ein Schnauben vom anderen Ende des Tisches trieb mich dazu, hastig eine Einschränkung nachzuschieben.
Aber nachdem ich das getan habe, würde ich ohne jede Frage, äh ...
Ihre Köpfe zusammenschlagen?"
Tja ... ja - nein ... vielleicht."
Ich spürte, wie mir kleine Schweißtropfen auf die Stirn traten. Wenn sich diese beiden Experten nicht einig waren, woher in aller Welt sollte ich dann die Antwort wissen? Mit einiger Erleichterung bemerkte ich, dass das in der Mitte sitzende und bedeutendste Mitglied des Auswahlgremiums, A. E. Rowley, sich vorbeugte, um das Wort zu ergreifen. Ich hoffte, er würde das Thema wechseln.
Spekulieren wir über eine alternative Krise", sagte der Schulleiter gewichtig. Er erhob sich halb von seinem Stuhl und nahm eine dramatische Pose ein. Da ist ein junge. Es ist ein großer, aggressiver Junge. In einer Hand hält er einen Gegenstand umklammert. Als er auf Sie zukommt, wird deutlich, dass er seine Handlungen nicht mehr unter Kontrolle hat. Er erklärt lautstark seine Absicht, Sie mit dem rostigen Rasiermesser, mit dem er nun wild durch die Luft säbelt, zu kastrieren. Sie sind unbewaffnet. Was", fragte A. E. Rowley, würden Sie tun?"
Ich wußte, dass ich bleich geworden war. Kamen solche Dinge in Schulen wie dieser vor? Dennis würde doch niemals ... Der Direktor stand immer noch in dramatischer Pose und wartete auf meine Antwort. Ich seufzte innerlich. Job hin oder her, ich konnte nicht anders als ehrlich zugeben, wie ich auf das grauenhafte Szenario reagieren würde, das gerade geschildert worden war. Die Hausverwalterin würde ja vielleicht ihre Psychologie gegen diesen hypothetischen Amokläufer anwenden, und der Stellvertreter würde vielleicht heroisch mit ihm ringen, aber ich wußte genau, was ich tun würde, und es hatte keinen Sinn, etwas anderes vorzuspiegeln.
Ich würde wegrennen, so schnell ich kann."
Ein schiefes Grinsen erleuchtete Mr. Rowleys Gesicht, als er sich wieder auf seinen Stuhl sinken ließ.
Ich auch", sagte er. Ich wollte nur Ihre Zurechnungsfähigkeit testen. Keine Sorge - Sie haben bestanden."
Alle Textrechte liegen beim Brendow Verlag. Abbildung hier mit freundlicher Genehmigung.